“Wasser für die Elefanten” – ein Einblick in die Geschichte und Kritik

Bild: (c) 20th Century Fox

Ok, ich muss gestehen, dass sowohl der Titel als auch die Zusammenfassung mich nicht angesprochen haben. Aber was man nicht so alles liest, wenn Robert Pattinson einen neuen Film dreht! Zirkus war schon immer für mich zum Erstaunen und nicht zum lesen. Und dann stoße ich auf ein – für waschechte Kerle – Buch. Was? Wasser für die Elefanten von einer Frau geschrieben?

Die Schriftstellerin Sara Gruen nimmt uns auf eine unglaublichen Lebensreise mit, durch die Tagträume eines alten Mannes. Ihre einzigartige Art, uns von der Gegenwart in die Zukunft und wieder zurück zu geleiten ist spannend und gefühlvoll zugleich. Man taucht so tief in diese Welt hinein, dass man regelrecht aufatmet, wenn man wieder mal in der Gegenwart aufwacht. Sie lässt uns in Jacobs Haut schlüpfen, unverblümt, rau, ehrlich und doch voller Emotionen.

Ein Einblick in die Geschichte

Dieses Buch ist ein Erlebnis, es ist nicht sentimental aber doch emotional, es ist keine „Spektakulärste Show der Welt“ und landet  mitten im Leben eines 90 oder 93 Jahre alten Mannes. Jacob Jankowski, auch wenn seine Kinder ihn lieben, gehört eigentlich nicht mehr zu ihrem Leben. Nach seinem Hüftbruch hatte er sich überreden lassen, ins betreute Wohnheim zu ziehen. Aber heute ist ein besonderer Tag. Im Park, am Ende des Blocks, steht ein riesiges Zelt mit breiten weiß-roten Streifen und einer unverkennbaren Spitze…

Alle sind aufgeregt und sprechen nur noch über den Zirkus, die herrlichen Tiere und Pferde. Die Bewohner erinnern sich an ihre Kindheit, als der Zirkus noch mit dem Zug unterwegs war und ihre Städte, ein paar Tage bevor der Zug im Morgengrauen einfuhr, mit Plakaten zugekleistert wurden.

Wisst ihr eigentlich, was ein pensionierter Anwalt mit kantigem Kinn mit einem Elefanten gemeinsam hat? Beim gemeinsamen Abendessen wird Jacob mit diesem eine heftige Auseinandersetzung haben und daraufhin von der Schwester in sein Zimmer verbannt. Er fühlt sich abgeladen wie wertloser Krempel, doch die Geister der Vergangenheit poltern durch seine stumpfe Gegenwart.

Jacob 1931

Er ist 23 Jahre alt, hat nur  Augen für Catherine und  nur einen Gedanken: seine Jungfräulichkeit endlich zu verlieren. Er steht kurz vor seinem Abschluss als Veterinär an einer Elitenuniversität, als man ihm mitteilt, dass ein tragischer Unfall seine Eltern aus dem Leben gerissen hat und eine Bank alles Hab und Gut besitzt. In den 30er Jahren befinden wir uns inmitten der Wirtschaftskrise, die Menschen verhungern, es ist die Zeit der Prohibition, wo sich nach dem Börsenkrach viele Menschen das Leben nehmen.

Jacobs Blick verschwimmt und seine Verzweiflung wächst, er läuft einfach weg, stundenlang, bis ihn die Beine schmerzen. Er hat kein Zuhause, „E. Jankowski und Sohn – Veterinärmediziner“ gibt es nicht mehr. Ein Zug kommt vorbei…er stürzt sich hinein.

Die Zirkusleute und ihre Sprache

Jacob weiß nicht, dass er in einem Wanderzirkus gelandet ist und wird schnell  lernen müssen zu überleben. Onkel Al, der Zirkusdirektor, schlägt auf jeden ein sobald er miese Laune hat, misst sich an „Ringling“ und hält Ausschau nach menschlichen Kuriositäten. Und da sind noch Earl und Blackie, die auf Onkel Als Befehl,  jeden der nicht mehr erwünscht  wird bei „Rot aussteigen“ lässt. August, der Chef der Menagerie, kann aufmerksam zu seiner Frau und väterlich zu den Tieren sein. Doch wozu dieser paranoide Schizophrene noch fähig ist verrate ich euch nicht. Camel, ein alter humpelnder Alkoholiker, wird bald zu seinem Freund, und trotz großer Ablehnung auch Kinko, der Zwerg, mit seinem Hund Queenie.

Im Zirkus herrscht eine andere Sprache, Gaukler (die Artisten) und Raklos (die Arbeiter) werden voneinander getrennt und die Gadjos sind die Zirkusbesucher, den man gerne was vorgaukelt oder sie sogar reinlegt, hauptsache sie bringen Geld in die Kassen. Jacob wird als Tierarzt eingesetzt, isst mit den Gauklern an einem Tisch und arbeitet mit den Raklos.

Marlena

Sein Atem stockt, als sein Blick das erste Mal an einer Frau hängen bleibt, Marlena. Die Freiheitsdressurreiterin ist mit August verheiratet. Wenn Jacob von Marlena träumt kostet es ihn wahrscheinlich seine Seele, er möchte sie sehen und in ihrer Nähe sein, aber Augusts Präsenz, wie die Tatsache, dass man ihm lieber nicht wiedersprechen sollte, lähmt die ganze Umgebung. Marlena ist scheinbar die einzige, die gelernt hat damit zu leben…

Rosie

Nun, was hat Rosie, die Elefantenkuh damit zu tun? Warum bekommt sie diese besondere Aufmerksamkeit? Onkel Al wird diese Elefantendame kaufen, Rosie sollte „Benzinis Spektakulärste Show der Welt“ retten und sie treibt sie zunächst in den Ruin, wenn Jacob ihr Geheimnis nicht enthüllt hätte. Was alles Rosie bis dahin anstellt dürft ihr selber entdecken und das Grauen dazu.

Die Tragödie

Die Menschen waren  weniger Wert als die Tiere und wir werden Zeugen von Jacob Hass auf sich selbst, von seiner Ohnmacht, die zu unserer wird, egal ob für Mensch oder Tier. Er wird für sich einen Pakt mit den Tieren schließen und als er seine Liebe zu ihnen spürt erkennt man auch, dass die Seele der Tiere Marlena und Jacob irgendwie verbindet.

Das Zirkusorchester spielt plötzlich “Stars and Stripes Forever”…

“Gottverdammt. Die armen Gadjos haben wahrscheinlich noch keinen Schimmer!“ …die Raklos rannten über den Platz…Wer auch immer etwas mit Benzinis Spektakulärster Show der Welt zu tun hatte, raste auf das Chapiteau zu. „Was? Was ist los?“ schreit Jacob…

Die Gegenwart

Herr Jankowski wartet auf seinen Sohn, um zur Vorstellung “gerollt” zu werden, doch es kommt anders. Jacob hat sein Leben lang Rosies schreckliches Geheimnis bewart und sagt dazu: „Bei einem solchen Geheimnis wird das Geheimnis selbst zwar irgendwann unwichtig, aber die Tatsache es bewahrt zu haben, nie.“

Ganz persönlich

Es war einfach Zufall, wie Sarah Gruen dazu kam, dieses Buch zu schreiben. Viele der ungeheuerlichen Details hat sie aus Tatsachenberichten und Anekdoten übernommen. Ich erfuhr auch noch, dass die Hinrichtung von Elefanten keine Seltenheit war, und was „Jake“ den Menschen angetan hat. Mit Wasser für die Elefanten lebt man hinter den Kulissen und kann nur durch gestohlene Blicke die Show entdecken. Ich wurde einer knallharten Realität ausgesetzt, erlebte spürbar das Altwerden und seine Bedeutung,  und ließ mich durch die Liebesgeschichte verzaubern. Als ich das überraschende Ende dieser Geschichte erlebte, habe ich noch lange Wasser für die Elefanten fest an meinem Herzen herumgetragen und habe mich in einen 93 Jahre alten Mann verliebt, er heißt Jacob Jankowski.

Empfehlung

Menschen die eine besondere Bindung zu Tiere verspüren oder für diejenige die das Schicksal von Menschen intensiv berühren, sollten sich mit Herz, Magen und Seele gut wappnen, um die „schönste Geschichte des Jahres“ genießen zu können.

Der Film Wasser für die Elefanten mit Robert Pattinson und Reese Witherspoon in den Hauptrollen läuft ab
28. April 2011 in den Kinos.

Das Buch Wasser für die Elefanten von Sarah Gruen könnt ihr bei Amazon bestellen, auch als Buch zum Film mit einem Filmmotiv auf dem Cover.